Die Manderscheider und die Reformation

Trotz sehr enger Verbindungen zu kirchlichen Institutionen scheinen die Grafen doch auch Verbindungen zu den Reformatoren gehabt zu haben, denn im Jahre 1546 behauptete der Trierer Kurfürst, die Manderscheider Grafen hingen keterischen secten an. Die Behauptung war wohl nicht gänzlich falsch. Schon zu Lebzeiten Luthers war nämlich der Reformator Straßburgs, Martin Bucer, auf Burg Schleiden. Im Jahre 1539 hatte er bereits eine seiner Schriften einem der Manderscheider Grafensöhne gewidmet und von dem Junggrafen Franz von Manderscheid gesagt, dass er ganz dem evangelio zugethan sei. Viel spricht auch dafür, dass Graf Dietrich von Manderscheid, von seinen Zeitgenossen wohl schon "der Weise" genannt, Berater des zur Lehre Luthers übergetretenen Kölner Erzbischofs Hermann von Wied gewesen ist. Er soll diesen schließlich dazu bewegt haben, auf sein geistliches Amt zu verzichten. Als Hofmeister und Erzieher seiner Söhne hatte er einen Protestanten, den Johann Philipsen aus Schleiden (Sleidanus geannt), angestellt.

Trotz dieser und weiterer Beziehungen der Manderscheider trat kein einziger offen zur Lehre Luthers oder Calvins über. Mag dies sich aus der politischen Klugheit der Familie erklären, die ja immerhin in enger Abhängigkeit von den strenggläubigen Luxemburgern stand, oder auf religiösen Motiven beruht haben, wir wissen es nicht genau. Jedenfalls aber finden wir bei ihnen eine sehr tolerante Haltung gegenüber der neuen Lehre. Gewissensfreiheit galt bei ihnen, nicht Gewissenszwang. So war es möglich, dass ein Pfarrer von Laufeld zu Zeiten Dietrichs VI. vom Grafen ungerügt von sich aus zur neuen Lehre übertrat und heiratete. Ein gewisser Daniel Barnisch nannte sich 1565 "Prediger der Gemeinde Gottes in Laufeld" und auch auf die Zeit des Christian Stadtfeld (1578) trifft wohl zu, was eine in der Kirche zu Laufend aufgefundene Urkunde berichtet: Hier wurde früher Messe gemacht, dermalen aber nur gesungen und gepredigt. Dieser Zustand dauerte aber nur bis 1593. Damals übernahm das streng katholische Haus Manderscheid-Gerolstein die Herrschaft.

Erst der Schwedische Graf Steno von Löwenhaupt-Rasburg, Ehemann der Gräfin Magdalena, einer Nichte Dietrichs VI., der durch Heiratsvertrag im Jahre 1606 Besitzer der Niederburg geworden war, versuchte, in unserer engeren Grafschaft die Lutherische Religion einzuführen. Erzherzog Albrecht aber belagerte mit Hilfe von Trier und Luxemburg die Burg. Steno wurde im Jahre 1618 gefangen genommen, floh dann zwar nach Himmerod und schließlich nach Dusemond, konnte von dort aus jedoch die Gegenreformation in der Grafschaft nicht mehr verhindern.